Texte
Über meine Arbeiten
2001, kjubh Kunstverein, Köln
Die aktuellen Arbeiten von Ursula Krenzler zeigen Farbflächen in unterschiedlichen Farbdichten, Überlagerungen, fließende Farbverläufe, die geblockt werden durch Rechtecke, schwarze geometrische Fragmente, die an Gegenstände oder Körper erinnern.
Feine Farbnebel legen sich lasierend übereinander, durchscheinend ziehen sie den Blick in die unten liegenden, schimmernden Tiefen oder sie verbinden sich zu kompakten Flächen, die – Vergangenes überdeckend – in den Vordergrund treten.
Farbtöne, die unvereinbar erscheinen, fusionieren zu einer neuen Farbigkeit. Diese manchmal fließenden, manchmal direkten Übergänge von Transparenz zu Dichte schaffen Strukturen, die eine intensive Räumlichkeit, bei einigen Arbeiten fast Bühnenatmosphäre erzeugen. Himmel, Meer, Landschaften, – im Prozess des Entstehens sind sie nur schemenhaft, wie durch einen Schleier zu erkennen. Konkrete Motive – ein Körper, ein Objekt – Kommen als Fragmente zum Vorschein.
Bei der Werkgruppe der „Laufbilder“ taucht aus einem wie endlosen Fluss der Farben unvermittelt eine klare Kontur auf. Eine Gestalt formt sich, verändert ihre Form , gewinnt an Eigendynamik, zieht vorbei und scheint zu verschwinden wie die verhallenden Schritte eines vorbeilaufenden. Wie buddhistische Mantras versetzen die gleichmäßigen Bewegungen den laufenden Menschen in einen Zustand der Ruhe und Gelassenheit. Die Erscheinung zeigt sich flüchtig – das schnelle Aufleuchten einer kurzen Gewissheit – doch ihre Wirkung, hervorgerufen durch die Konzentration der Bewegung , bleibt in den Bildern erhalten.
In Krenzlers Bildern wirkt sich jeden Pinselstrich unmittelbar auf seinen Kontext aus, verlangt nach Ausgleich oder Kontrast. Dies bedeutet eine kontinuierliche Präzisierung des künstlerischen Anliegens einerseits – andererseits eine immer komplexer werdende Eigendynamik während des Malvorganges in eine noch unbekannte Wirklichkeit.
Durch den Prozess des Zudeckens entsteht das sichtbare Bild wie eine aufsteigende Erscheinung, die von dem Dunst der Erinnerung aus den tiefer liegenden Schichten gehalten wird.
„ Es ist das ewige Paradoxon der Malerei“, sagt Per Kirkeby, „dass das mögliche Innere nur erreicht werden kann, indem man noch mehr hinzufügt.“
Das innere Wesen eines Bildes zeigt sich an der Oberfläche und setzt gleichzeitig noch tiefer gehende Spekulationen in Gang.
Dr. S. Sommer
Düsseldorf
Association Champ Freudien Belgique, Brüssel
Soirée « Sur le vif »
Le corps et ses objets
Vernissage d’une exposition et Présentation du Congrès du la NLS
Bruxelles, le 10 janvier 2008
A l’initiative de Charlotte Laplace, membre du bureau de l’ACF, une exposition aura lieu pendant un mois au local de l’ACF (du 10 janvier au 10 février 2008). Quatre artistes, Peter Rech, Andrea Bryan, Ursula Krenzler, et Mary-Noële Dupuis, y présenteront des peintures, une installation et une performance. Il se trouve que ces artistes sont membres d’un groupe psychanalytique affilié à la NLS, le groupe de Köln. Par ailleurs, le thème de l’exposition, « Corps vivant », n’est pas sans lien avec le thème très clinique du prochain Congrès de la NLS qui se tiendra à Gand les 15 et 16 mars 2008, sous le titre « Les corps et ses objets dans la clinique psychanalytique ». L’organisation de ce Congrès est confiée à nos collègues et voisins du Kring Voor Psychoanalyse, Société néerlandophone de psychanalyse, affiliée à la NLS.
Ainsi la Soirée « Sur le vif » du 10 janvier 2008 sera l’occasion d’une rencontre entre deux discours, celui de l’art et celui de la clinique psychanalytique, mais aussi d’un nouage entre trois communautés psychanalytiques : le Groupe de Köln, le Kring Voor Psychoanalyse, et l’ACF-Belgique.
Au programme :
- Anne Lysy, directrice du Congrès de la NLS à Gand : Présentation du thème « Le corps et ses objets dans la clinique psychanalytique ».
- Joost Demuynck (NLS, Kring Voor Psychoanalyse) : Présentation de l’affiche du Congrès, créée à partir de travaux du peintre belge Luc Tuysmans.
- Mary-Noële Dupuis : Présentation de l’exposition « Corps vivant ».
- Débat
Gil Caroz, responsable de la soirée
Exposition: CORPS VIVANT
Le corps du sujet existe parce qu´il est un être qui parle : sa chance et son désastre.
Le corps, c´est ce qui reste du déchiffrable.
Au commencement était la perte.
Et la sexualité constitue ce seul moyen d´ouverture − chance compromettante − propre à essayer de trouer inlassablement cet impossible à dire, ce déchirement irréparable, irrémédiable, radical, entre corps et parole.
L´impératif de l´art − et son impact − c´est cet acharnement humain, cette éternelle interrogation à vouloir toujours faire émerger du sens dans cette confrontation au point réel de l´insoluble finitude : un travail de RECONNAISSANCE de la mort.
Peter Rech, Andrea Bryan, Ursula Krenzler, Mary-Noële Dupuis
Rede von Dr. Thomas Münch zur Eröffnung der Ausstellung PRESENT TO MY MIND
„Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!
Was sind das für Zeiten, wo
ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist,
weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt.“
So Bertolt Brecht im Gedicht „An die Nachgeborenen“, welches er 1934-38 im dänischen Exil (Svendborger Gedichte) schrieb.
Angesichts der Vorkommnisse in Chemnitz, wo ein rechtsradikaler Mob Flüchtlinge jagt, wo der „Schoß noch fruchtbar ist“, von bestürzender Aktualität.
Brecht paraphrasierend könnte man da sagen „Was sind das für Zeiten, wo ein Gespräch über Kunst fast ein Verbrechen ist“.
„Wo aber Gefahr ist, wächst
Das Rettende auch.“
Oder ist Hölderlin da nur wohlfeil – ein „Kalenderspruch“?
Trostreich, aber leer?
Der Islamwissenschaftler Thomas Bauer hat 2018 ein Reclambändchen mit dem vordergründig kryptischen Titel
„Die Vereindeutigung der Welt –
Über den Verlust an Mehrdeutigkeit und Vielfalt“ verfasst.
Worum geht es hier?
Es geht in diesem Text um die Frage der Ambiguitätstoleranz.
Also um die Toleranz gegenüber Mehrdeutigkeit, Unentscheidbarkeit und Vagheit – Ambiguität eben.
Denn, so Thomas Bauer, es ist eine anthropologische Konstante, sozusagen Menschenschicksal, mit Ambiguität leben zu müssen.
Problem: die Psychologie behauptet, dass Menschen tendenziell ambiguitätsintolerant sind.
Wir lieben das Eindeutige und halten Ambiguität schlecht aus – wofür die aktuellen politischen Zustände ein gutes Beispiel liefern.
Aber: Eindeutigkeit ist ein seltener Zustand, es scheint eher so zu sein, dass wir von einer Ambiguität in die nächste taumeln!
Interessant ist dabei: in verschiedenen Epochen und Kulturen gab und gibt es sehr unterschiedliche Ambiguitätstoleranzen!
Der Gegenpol zur Ambiguitätstoleranz ist Fundamentalismus.
Eine einzige Wahrheit
Ablehnung des historisch Gewordenen -> zum Ursprung
Reinheit
Wahrheitsobsession, Geschichtsverneinung, Reinheitsstreben
Demgegenüber werden Vielfalt, Komplexität und Pluralität nicht als Bereicherung, sondern als Bedrohung empfunden!
Und so kommt es zur Vereindeutigung der Welt:
Und Vereindeutigung bedeutet ein Weniger an Bedeutung, an Vielfalt und an Ambiguität
Und so landen wir wieder in Chemnitz –
am großen Denkmal für Karl Marx!
Eine Farce oder eine Komödie?
„Wo aber Gefahr ist, wächst
Das Rettende auch.“
„Kunst kann nicht exakt definiert werden. Niemand kann und soll angeben können, wo Kunst anfängt und wo sie aufhört“ (Bauer)
Denn Kunst ist immer uneindeutig und immer polyvalent – außer sie ist vollkommen zur Ware geworden, kommodifiziert – nur noch Spekulationsobjekt für die 1 %, denen die Welt gehört. Siegerkunst eben.
Oder sie bedeutungslose Stadtmöbilierung, die weder stört noch verstört.
Aber trotz alledem, so Bauer, bergen die Künste das größte Ambiguitätspotential!
Und die Kunst könne dabei helfen, Ambiguitätstoleranz auszubilden!
Ursula Krenzlers Bilder, die sie uns heute unter dem Titel „Erinnerte Landschaften“ vorstellt, sind einerseits visuelle Rufe, die erlebte Landschaften – ob im Traum oder in der Wirklichkeit – evozieren.
Sie führt uns in Gedächtnislandschaften, die bereits in uns sind.
Dabei sind die Bilder überzogen mit einem melancholischen Firnis.
Das alles macht sie mehrdeutig, vieldeutig – nie ist in ihnen klar und deutlich, was noch im Hintergrund lauert. Aber es lauert dort etwas!
Ist es vielleicht ein Widerschein dessen, das uns daran hindert „Herr im eigenen Hause“ zu sein?
„Deux fois“ – zweimal gesehen. Ein „weindunkles“ Meer wie Homer sein Meer beschreibt, kein strahlendblaues Mittelmeer, wie wir es gerne sehen wollen. Sehen wir eine Insel oder ist es ein Sonnenfleck. Was lauert dunkel im Vordergrund? Ertrage ich es, das Bild und das was in ihm lauert?
Drei quadratische Landschaften – England „White Peak“, Totes Meer, Bretagne. Drei Meerlandschaften. Seit Georges-Arthur Goldschmidt wissen wir über den Zusammenhang zwischen Mutter und Meer – „Quand Freud voit la mer – Als Freud das Meer sah“ – so der Titel. Welche Magie geht von dieser endlosen Fläche aus, wie sie uns anzieht – will unser Stammhirn zurück an den Ort wo wir herkommen? Das Meer, die Mutter?
„Deja vu“ – eine phantastische Landschaft nennt Ursula Krenzler das Bild. Was ist Himmel, was ist Meer, was sind Wolken – was ist hier was und in welchem Traum ist es mir begegnet?
Wobei wir ja dank Hollywood alle wissen, dass ein „Deja vu“ ein deutlicher Hinweis darauf ist, dass der Feind in der Matrix ist!
„Sunflash“ – „zack, dahin geworfen“ beschreibt die Künstlerin diesen bretonischen Sonnenuntergang mit Nachhall. Ein Bild welches mir auf der Iris nachhallt, wenn ich die Augen schließe. Ist es wirklich nur ein Sonnenuntergang? Ist es nicht eine brennende Stadt am Horizont, Zerstörung, Feuer und Tod? Bricht es im nächsten Augenblick aus dem Bild heraus und über uns herein?
„kleines Seestück“ in der Bretagne – mein persönliches Lieblingsbild. Warum? Ist es wirklich ein Seestück? Ist es nicht vielmehr gefrorenes Eis oder ein Strand kurz vor einem Wintersturm Hört man nicht schon den Wind, wenn man das Ort nahe an das Bild hält? Schaut man zu sehr hinein, steht man schon selbst dort links am Stand?
„Palazzo“ – Die Spiegelung der Bürgerhäuser von St. Malo im Meer – so die Malerin. Aber Palazzo? Wer wohnt hier? Eine Eisprinzessin? Wer tritt im nächsten Augenblick aus den Türen? Eiskalt!
Lassen Sie sich nicht täuschen von den Vordergründen, den scheinbar bekannten Landschaften, den Blumen und Birkenstämmen. Nichts ist hier eindeutig, nichts klar, und nichts ist so wie es vorgemalt ist.
Und die Melancholie ist nicht nur Firnis, sie ist auch Grundierung, die an der einen oder anderen Stelle plötzlich sichtbar wird, als wenn ein Ertrunkener im Fluß aufscheint.
Halten Sie Abstand vom Bild, gehen Sie nicht zu nahe ran – Sie könnten verloren gehen.
„Wo aber Gefahr ist, wächst
Das Rettende auch.“
Es ist nicht nur kein Verbrechen, in diesen Zeiten über Kunst zu sprechen, es ist vielmehr eine Notwendigkeit, genau das zu tun! Denn nur in diesem Sprechen über Kunst und Uneindeutigkeiten gewinnen wir die Argumente, den Mut und die Kraft, der Vereindeutigung der Welt entgegen zu treten.
Lassen Sie sich durch die Bilder von Ursula Krenzler ermutigen – ihre Bilder haben diese Kraft!
Zur Malerei von Ursula Krenzler – Place to be
Text von Dr. Jenny Graf-Bicher
Place to be – unter diesem Titel fasst Ursula Krenzler eine Reihe von Raumbildern zusammen, die ein Herzstück ihrer Malerei bilden, eine Reihe, die seit Jahren beständig weiter wächst. Place to be: Handelt es sich hier um den „richtigen“, den „perfekten“, den „angesagten Ort“? Beim Blick auf das großformatige Bild „Silvester“ können Zweifel aufkommen. Ein hell ausgeleuchtetes Zimmer, eine Frau schaut nachdenklich in den schwarzen Nachthimmel. Im dominierenden Rot-Schwarz-Klang des Bildes wirkt der Körper zart und fast verloren. Der Bildtitel macht deutlich, dass hier Fragen verhandelt werden wie: Wodurch wird ein Ort zu einem, an dem man sich niederlassen kann, an dem man bleiben möchte, wann ist ein Ort mit Leib und Seele bewohnbar, leb-bar? Einer so offenen Frage entspricht der englische Ausdruck in besonderer Weise. ‚Place‘ ist nicht nur der konkrete Platz, sondern auch die engere oder weitere räumliche Umgebung, die gestaltete Hülle, manchmal auch das Heim, die eigenen vier Wände. In Verbindung mit ‚to be‘ kann es der Ort zum Leben sein, mit seiner ganzen existentiellen Dringlichkeit. In diesem weitgefassten Sinn ist „Place to be“ hier zu verstehen. Und kaum ins Deutsche zu übertragen. Ursula Krenzler arbeitet nur selten so gegenständlich und erzählerisch wie in dem gerade betrachteten Werk. In den meisten Gemälden ist vor allem die Farbe bildbeherrschend. Starke, leuchtende Farben geben jeder Bildfläche eine klare Struktur. Vertikale, horizontale und diagonale Flächen und Linien fügen sich zu satten Farbklängen, die eine spezifische Atmosphäre schaffen, je nach der vorherrschenden Farbtemperatur. Die Wärme der Rot- und Orange-Töne in „Rotes Zimmer“, die blaue und blaugrüne Kühle im Bild „Verlassenes Zimmer“, der lodernde Kontrast von Orange und Schwarz-Blau im „Partykeller“.
Neben den Farben und ihren Kontrasten sind es vor allem zwei weitere Spannungsmomente, die das Charakteristische – und Genüssliche – von Ursula Krenzlers Bildern ausmachen: Zum einen gibt es da den vielschichtigen, sehr differenzierten Farbauftrag, der der Bildkomposition eine pulsierende Lebendigkeit verleiht. Im Nebeneinander von eher satten Farbfeldern und gemusterten, ornamentierten oder aufgerissenen Passagen entsteht ein vibrierendes Leuchten in der von weitem so klaren Flächengliederung. Bildbeherrschend wirkt die so erzeugte Spannung etwa in „White Room“. Zum anderen verbirgt sich in der schwelgerischen Farbmalerei, die man rein abstrakt aufnehmen kann, immer auch eine räumlich und gegenständlich lesbare Welt. Allerdings geht das eine nicht im anderen auf. Trotz vereinzelter klarer Hinweise wie dem Treppchen in „Schwimmbad“, der Tapete und dem Tischchen im „Japanischen Zimmer“ , trotz Fenstern, Jalousien, Türen und tiefenräumlichen Perspektiven übernimmt immer wieder die malerische Überformung die Regie und führt zu nahezu magischen „ungeklärten Resten“. Vor dem titelgebenden Bild „Place to be“ ist der Reiz dieser Reibung zwischen abstrakter und gegenständlicher Lesart besonders deutlich zu erfahren. Gerade in den menschenleeren, verlassenen oder auf Menschen wartenden Innenräumen klingt die Frage an, wo und wie wir leben. Ursula Krenzler beantwortet die Frage mit ästhetischen Mitteln, das heißt mit entschiedener Offenheit.